Wie wir vorgehen
Zunächst werden die Glasobjekte aus dem ehemaligen Territorium Schwarzburgs identifiziert und verzeichnet (Bestände der Schwarzburger Residenzschlösser Sondershausen, Rudolstadt und Arnstadt). Dazu zählen auch die architekturgebundenen Glasgegenstände wie Fensterglas in Wohnhäusern, Residenz- und Sakralbauten. Zugleich interessieren die auf dem Gebiet hergestellten und exportierten Glasobjekte, die sich heute andernorts nachweisen lassen.
Parallel werden anhand von Archivalien und Literatur a) die Tätigkeit der Schwarzburger Glashütten nachvollzogen, b) die Herkunft der Rohstoffe sowie die Akteure der Glasproduktion erforscht (Familien, Zuzug und Expertenansiedlung), c) der lokale, regionale, translokale und transnationale Markt als auch die Zwischenhändler und Agenten untersucht sowie d) die Objektpraktiken in Schlössern, Kirchen, Wohnhäusern oder Apotheken rekonstruiert.
Was ist Glas?
Der Begriff Glas bezeichnete in der Frühen Neuzeit verschiedenen glänzende Materialien, insbesondere aber „ein[en] aus Sand oder Kieseln mit einem Alkali und Salz zusammen geschmelzte[n] durchsichtige[n] glänzende[n] Körper“ (Krünitz, Oeconomischen Encyclopädie, 1779, Bd. 18, 581).
Glas existierte in verschiedenen Qualitäten und Farben: „Das Glas ist, seiner Güte und dem Ansehen nach (…) von einander unterschieden. Das beste unter allen ist das Krystall= und Spiegelglas; nächst diesem folgt das weiße oder Kreiden=Glas, welches reiner, heller, durchsichtiger, und also auch besser ist, als das ordinäre Glas, welches man auch gemeines oder klares Glas, und wenn solches, [welches] in dem thüringer Walde, geschmelzet wird, eine grüne Farbe hat, grünes Glas nennet. Hierauf folgt das halbdurchsichtige Glas, und das dunkle Glas; welche beyde letztere Gattungen, wenn sie in das Schwarze fallen, schwarzes Glas heißen“ (Krünitz, Oeconomischen Encyclopädie, 1779, Bd. 18, 586).
Glas wurde in so genannten Glashütten hergestellt, die aus mehreren aneinandergereihten und unterschiedlich heißen Öfen bestanden (Abb.). Diese Glashütten standen meist in waldreichen Gegenden, weil sie große Mengen an Holz zur Befeuerung der Öfen und zur Herstellung des Flussmittels der Holzasche oder der Pottasche benötigten. Die Arbeit in der Glashütte war durch das Feuer, die große Hitze und das scharfe Glas anstregend und gefährlich. Zu den Berufskrankheiten gehörten häufige Schnittwunden, Verbrennungen und Erblinden.
Was wir wissen wollen
Wie umfangreich war die Produktion von Glas? Wie gestaltete sich die Nutzung von Glas als Material im kleinstaatlichen Schwarzburg? Zu welchen Lebensbereichen lässt es sich zuordnen? Wie verteilt sich die Nutzung der verschiedenen Glasobjekte auf die soziale Stratifizierung? Wie ist das Verhältnis zwischen selbstproduziertem, lokalem Glas und angekauftem Glasobjekten? Lässt sich bereits zwischen 1600-1800 im kleinstaatlichen Schwarzburg eine europäische Vernetzung zeigen? Welche ästhetische Wirkung haben Glasobjekte? Welche Bedeutung haben sie aufgrund ihrer Materialeigenschaften und wie zeigt sich Glas im kulturellen Gedächtnis?
Aus naturwissenschaftlicher Perspektive kann Glas heute auf verschiedene Arten definiert werden, zunächst: Glas ist ein Schmelzprodukt, das ohne Kristallisation erstarrt. Eine physikochemische Definition lautet: Glas ist eine eingefrorene, unterkühlte Flüssigkeit. Eine andere Definition orientiert sich an den Eigenschaften des Glases: Alle Stoffe, die einen Glasübergang zeigen, sind Gläser. Das heißt, Gläser haben keine Schmelzpunkttemperaturen, sondern einen so genannten „Erweichungsbereich“. Eine weitere Definition erfolgt über die atomare Struktur. Gläser sind homogene und isotope Festkörper ohne Fernordnung, aber mit Ordnungsprinzipien im nahen und mittleren Bereich der atomaren Struktur.
Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Glas transparente, anorganische Gläser. Die Massengläser sind überwiegend Kalknatron-Silikat Gläser. Sie bestehen hauptsächlich aus einer Mischung von Sand, Kalkstein und Soda. An diesen Grundbestandteilen hat sich seit der Frühen Neuzeit wenig verändert.